Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Prodanović, Jaša M.

Prodanović, Jaša M., jugoslawischer Politiker, Historiker und Literaturwissenschaftler, * Čačak 23.04.1867, † Belgrad 01.05.1948.

Leben

Als Student an der Naturwissenschaftlichen Abteilung der Belgrader Hochschule war P. aktives Mitglied der sozialistischen Jugendbewegung und beteiligte sich an der Herausgabe der gesammelten Schriften Svetozar Markovićs.  Nach Abschluß des Studiums (1890) war er als Lehrer, Journalist und Literaturkritiker tätig. 1901 schloß er sich den „Unabhängigen Radikalen“ (Samostalna radikalna stranka) an, die sich aus Opposition gegen die Koalition der Radikalen mit der Progressiven Partei und in Ablehnung der von Alexander Obrenović 1901 oktroyierten Verfassung von der Mutterpartei abgetrennt hatten. Als einer der Hauptvertreter dieser oppositionellen Gruppe redigierte er mit Unterbrechungen von Ende 1902 bis 1912 die Zeitung „Odjek“ (Echo), das Organ der „Unabhängigen Radikalen“ und übte scharfe Kritik am Obrenović-Regime. 1903 wurde er in das serbische Parlament gewählt und von 1909-1911 amtierte er als Wirtschaftsminister in der Regierung Stojan Novakovićs. In dieser Eigenschaft gelang es ihm, das Arbeitsschutzgesetz im Parlament durchzubringen.
1919 löste sich P. von den „Unabhängigen Radikalen“ und gründete zusammen mit Ljubomir Stojanović, Jovan Žujović und einer Gruppe von Intellektuellen die Republikanische Partei (Republikanska stranka), die eine föderalistische Staatsverfassung nach dem Vorbild der USA anstrebte. Die Partei erreichte bei den ersten Wahlen am 28. November 1920 0,8% der Stimmen und drei Mandate. Obwohl sie ihren Stimmenanteil bei den folgenden Wahlen von 1923 halten konnte, verfehlte sie die Erringung eines Abgeordnetensitzes (später sank auch ihr Stimmenanteil auf 0,2% weiter ab). Ungeachtet dieser parlamentarischen Mißerfolge konnte sich die Partei jedoch dank der Autorität P.s immer wieder Gehör verschaffen. P. entwickelte sich in der Zwischenkriegszeit zu einem der schärfsten Kritiker der parlamentarischen Ohnmacht in seinem Land. In einem Artikel im „Srpski književni glasnik“ (Serbischer literarischer Bote) vom 16. Juni 1926 konstatierte er, daß der Parlamentarismus vollkommen gescheitert sei. Von den 20 bis dahin gebildeten Regierungen waren 19 außerhalb des Parlaments gestürzt worden, obwohl sie in der Volksvertretung eine Mehrheit besessen hatten. In Ablehnung der dominierenden Stellung des Königshauses im politischen Leben und in Gegnerschaft zur zentralistischen Staatsverfassung erklärte die Partei im Dezember 1932 ihre Übereinstimmung mit den „Zagreber Punktationen“.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde P. als einziger „Republikaner“ in die nach dem Tito-Šubašić-Abkommen am 8. März 1945 gebildete „provisorische Regierung“ als Minister für Serbien aufgenommen. Seine Partei beteiligte sich im Rahmen der „Volksfront“ auch an den Wahlen vom 11. November 1945. Obwohl P. an der Wahlkampfführung der KPJ Kritik übte, wurde er - wiederum als einziger Repräsentant der „Republikanischen Partei“ - im Dezember 1945 ins Präsidium der Konstituante gewählt. In der ersten Regierung der LNRJ vom 1. Februar 1946 avancierte er zum Stellvertretenden Ministerpräsidenten und übte diese Funktion bis zu seinem Tode aus. Als Historiker hat sich P. vor allem mit seinen Arbeiten über die Entwicklung des Verfassungslebens und die Geschichte der politischen Parteien und Strömungen im Serbien des 19. Jh.s (Ustavni razvitak i ustavne borbe u Srbiji, Beograd 1936 und Istorija političkih stranaka i struja u Srbiji, Beograd 1947) einen Namen gemacht. Im Bereich der Literaturwissenschaft ist er insbesondere als Herausgeber mehrerer Anthologien und Sammelwerke einzelner Autoren (Jovan Ilić, Svetislav Vulović, Jovan Jovanović Zmaj) hervorgetreten.

Literatur

Spomenica Jaše M. Prodanovića. Beograd 1958.

Verfasser

Holm Sundhaussen (GND: 120956055)

GND: 128990759

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd128990759.html


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Empfohlene Zitierweise: Holm Sundhaussen, Prodanović, Jaša M., in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 489-490 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1558, abgerufen am: (Abrufdatum)

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