Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

In den Suchergebnissen blättern

Treffer 
 von 1526

Danilo II.

Danilo II., Erzbischof der serbisch-orthodoxen Kirche 1323-1337, Heiliger (20. XII.), geistlicher Staatsmann und Schriftsteller, * ca. 1270, † Peć 18.12.1337.

Leben

Die Vita bzw. Biographie D.s, verfaßt ca. 1337-1340 von einem Anonymos („Fortsetzer Danilos“), beschreibt den Lebensweg D.s recht ausführlich, ist jedoch der Stilisierung nach dem Vorbild des Lebens des hl. Sava nicht unverdächtig. Die Hypothese hat Wahrscheinlichkeit, D. habe vor seinem Eintritt in das Mönchtum Desislav geheißen und sei mit jenem Desislav identisch, der 1299 in diplomatischer Mission am Kaiserhof in Konstantinopel weilte. Damit erwiese sich der Anfang der Vita als fromme Legende, D. sei von einem Mönch des Klosters Sopoćani zum Mönchsleben bekehrt worden und heimlich aus dem Gefolge König Milutins entwichen, um im Kloster Končul die Kutte zu nehmen. Da D. bereits nach kurzer Zeit an den Hof des Erzbischofs gerufen wurde, ist der Übertritt des hochbegabten jungen D. in die geistliche Karriere als Plan des Königs Milutin zu erkennen. D. wurde etwa 1306 zum Igumen des Klosters Hilandar auf dem Athos eingesetzt. Als 1307-1309 die Katalanische Kompanie die Gebiete um Thessalonike plünderte, verteidigte er das - von König Milutin gerade renovierte und neu befestigte - Hilandar erfolgreich gegen alle Angriffe. Nach einer Pause der Meditation, die D. in der Zelle des hl. Sava in Kariäs verbrachte, folgte er einem Ruf König Milutins und übernahm Episkopie und Kloster Banjska (ca. 1311-1315). In dieses Kloster hatte Milutin während des Krieges mit seinem Bruder Dragutin seine Schätze gebracht. D. übernahm mit der Treuhandschaft über die Güter Milutins auch die Aufgabe, die Vollendung des Klosters, das Milutin sich zur Grabstätte erwählt hatte, zu leiten. Welchen Anteil D. an der Aussöhnung der beiden Könige hatte, läßt sich nicht mehr ermitteln, es ist jedoch anzunehmen, daß er nicht unbeträchtlich gewesen ist. Als der Frieden wiederhergestellt war, ging D. 1315 wieder auf den Athos. Dort fiel ihm die Vermittlerrolle zwischen Stefan Uroš III. (dem späteren „Dečanski“) und seinem Vater Milutin zu. Uroš III. lebte, von seinem Vater (teilweise) geblendet und verbannt, in einem Kloster in Konstantinopel. Dank der Vermittlung des Klosters Hilandar, dessen herausragende Persönlichkeit D. war, durfte Uroš III. nach Serbien zurückkehren. Als 1316 der Erzbischof Sava III. starb, versuchte Milutin, D. zum Erzbischof zu machen, scheiterte jedoch am Widerstand vor allem des Adels. Gewählt wurde nach fast einem Jahr Verhandlungen ein Mitarbeiter D.s, Nikodim, während D. zum Bischof von Hum eingesetzt wurde (1317). In diesem teilweise katholischen Teil Serbiens förderte er die Verehrung der 1314 verstorbenen Mutter Milutins, Jelena (Helene von Anjou), um die katholische Bevölkerung an die Dynastie zu binden. Nach dem Tode König Milutins (1321) überführte D. inmitten der Thronfolgekämpfe den Leichnam Milutins in sein Kloster Banjska und ergriff dann entschieden für Uroš III. Partei. Dieser wurde von der Kirche gekrönt und unterstützt, so daß er sich gegen die anderen Prätendenten durchsetzen konnte. Dann übernahm D. eine diplomatische Mission, die ihn nach Bulgarien und Konstantinopel führte (1323). Nach kurzem Aufenthalt in Hilandar wurde er erneut nach Serbien gerufen und von König Uroš III. zum Erzbischof eingesetzt (14.09.1323). Die Zusammenarbeit mit Uroš III. brachte D. die Leitung beim Bau des Klosters Dečani (seit 1327), des Grabklosters von Uroš III., die er - neben umfangreichen Bauten im Kloster von Peć (Hodegetria-, Nikolaus-Kirche, Narthex, Wehrturm), der Erneuerung von Žiča, der erzbischöflichen Burg Maglič am Ibar - als „zweiter Stifter“ ausführte. Nachdem Dušan seinen Vater beseitigt hatte und König geworden war, gab D. der usurpierten Macht durch die feierliche Königskrönung die kirchliche Weihe (1332).
Neben der politischen Tätigkeit und den diplomatischen Missionen, die D. für drei Könige auf sich nahm, neben der Straffung der serbischen Kirche zu einem mächtigen Instrument der Dynastie gegenüber dem Adel, ist die „kulturpolitische“ Tätigkeit D.s von höchster Bedeutung. Um die herrschende Linie der Dynastie zu sakrifizieren, hat er das Werk „Viten der Könige und Erzbischöfe Serbiens“ geschaffen, in dem er die „Symphonia“ weltlicher und geistlicher Gewalt in den Generationen darstellt, die dem Brüderpaar Stefan Prvovenčani (dem Erstgekrönten) und Sava folgten. Ein weiterer wichtiger Ausdruck historischen Selbstbewußtseins in Altserbien sind die nach dem Vorbild des „arbor Jesse“ gemalten Stammbäume der Nemanjiden. Der älteste uns bekannte „arbor Nemanja“ entstand, als D. enger theologischer Berater König Milutins war (Kloster Gračanica, vor 1321), die übrigen in den Kirchen, deren ikonographische Konzeption man D. zuzuschreiben hat (Peć, Dečani). Durch die formende Zusammenfassung der altserbischen Reichsideologie hat D. entscheidend auf das historische Bewußtsein des serbischen Volkes eingewirkt.

Literatur

Daničić, Djura (Hrsg.): Životi kraljeva i arhiepiskopa srpskih. Napisao arhiepiskop Danilo. Beograd, Zagreb 1866. (Übersetzung in das Neu-Serbokroatische: Arhiepiskop Danilo. Životi kraljeva i arhiepiskopa srpskih. Preveo L. Mirkovič). Beograd 1935. (Neudruck 1969 durch Matica Srpska, Novi Sad).
Radojičić, Djordje Sp.: Arhiepiskop srpski Danilo II. In: Ders.: Tvorci i dela stare srpske književnosti. Titograd 1963, 113-120.
Radojčić, Nikola: Živopisački rad arhiepiskopa Danila II i njegovih nastavljača. In: Stara književnost. Hrsg. Dj. Trifunović. Beograd 1965, 383-401.

Verfasser

Frank Kämpfer (GND: 129105678)

GND: 102432171

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd102432171.html


RDF: RDF

Vorlage (GIF-Bild):  Bild1   Bild2   

Empfohlene Zitierweise: Frank Kämpfer, Danilo II., in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 373-374 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=712, abgerufen am: (Abrufdatum)

Druckerfreundliche Anzeige: Druckerfreundlich

Treffer 
 von 1526
Ok, verstanden

Website nutzt Cookies, um bestmögliche Funktionalität bieten zu können. Mehr Infos