Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Cem Sultan
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Cem Sultan

Cem Sultan, osmanischer Thronprätendent, * Adrianopel 22.12.1459, † Neapel 25.02.1495, Sohn Mehmeds II. und der vielleicht serbischen Haremsdame Cicek-Khatun.

Leben

C. vertrat 1473 seinen Vater Mehmed II. während dessen Feldzug gegen den Herrn der Horde vom Weißen Hammel und soll infolge Fehlens von Nachrichten über seinen Vater unter dem Einfluß seiner Lalas einen Putschversuch gemacht haben. 1474 folgte er seinem verstorbenen Bruder Mustafa auf die Gouverneursstelle in Konya.
Nach dem Tode Mehmeds II. verlor er den Wettlauf nach dem Thron gegen seinen älteren Bruder Bayezid II., konnte sich jedoch drei Wochen in Brussa (Bursa) halten. Nach dem Scheitern eines Vermittlungsversuches einer Großtante der beiden Kontrahenten wurde C. bei Yenişehir am 20. Juni 1481 geschlagen und zog sich zunächst nach Konya und dann in das Mamlukenreich zurück, wo er die Gastfreundschaft des Sultans Kaytbay genoß.
Nach einer Pilgerfahrt nach Mekka versuchte C. im Bündnis mit dem Karamaniden Kâsım-Bey und einigen gegen Bayezid II. eingestellten anatolischen Statthaltern einen zweiten Putsch gegen Bayezid II., wurde jedoch im Juni 1482 erneut geschlagen. Neue Verhandlungen mit Bayezid II. zerschlugen sich, worauf C. um Asyl bei den Johanniterrittern auf Rhodos nachsuchte. Diese verpflichteten sich Bayezid II. gegenüber, gegen Bezahlung einer beträchtlichen Unterhaltssumme C. zu internieren, was auf mehreren Besitztümern des Ordens in Südfrankreich erfolgte. Nach langwierigen, intrigenreichen Verhandlungen zwischen den an der Türkenfrage interessierten europäischen Mächten, vor allem Ungarn, Neapel-Sizilien, Frankreich und dem Kirchenstaat, wurde C. 1489 am päpstlichen Hof interniert, wobei er allein durch seine Existenz eine Reihe diplomatischer Schwierigkeiten heraufbeschwor.
Beim Einfall Karls VIII. von Frankreich in Italien wurde der Prinz diesem ausgefolgt. C. starb unerwartet im Februar 1495, kurz nach dem Einmarsch der Franzosen in Neapel.
Gerüchte, der Prinz sei von Papst Alexander VI. Borgia, im Einvernehmen mit Bayezid II., vergiftet worden, sind vorläufig weder beweisbar, noch widerlegbar. Die Bedeutung C.s für die südosteuropäische Geschichte beruht darauf, daß der Prinz glaubte, nachdem sein Bruder Bayezid II. seinen Vorschlag einer Reichsteilung mehrfach abgewiesen hatte, den Thron mit Hilfe europäischer Mächte über die europäische Türkei erreichen zu können. Aus diesem Grunde waren von türkischer Seite auch mehrfach Versuche gemacht worden, den Prinzen noch während seiner Internierung beim Papst durch den türkischen Geheimdienst liquidieren zu lassen, was jedoch mißlang. Der Prinz soll für den Fall seiner Einsetzung als Sultan die Rückerstattung des größten Teiles der europäischen Türkei an die christliche Welt versprochen haben. C. hat zweifellos im Osmanischen Reich über eine zahlreiche Anhängerschaft verfügt, und nach dem Zeugnis mancher Quellen fürchtete ihn sein Bruder Bayezid II. „wie nichts auf der Welt“. Tatsächlich hat Prinz C. durch seine Existenz dem Sultan in politischer Hinsicht rund 12 Jahre lang weitgehend die Hände gebunden.

Literatur

Thuasne, L[ouis]: Djem-Sultan, fils de Mohammed II, frère de Bayezid II. Paris 1892.
Ertaylan,Ismail Hikmet: Sultan Cem. Istanbul 1951 (mit Bibliographie).
Uzunçarşılı, Ismail Hakkı: Cem Sultan ’a dair beş orijinal vesika. In: TTK Belleten 24 (1968) 457-483.
Björkman, W.: Der Aufenthalt des Prinzen Cem in Ägypten 1481-1482 und seine politische Bedeutung. In: Zeki Velidi Toğan’ a Armağan. Istanbul 1950/55, 71-76.

Verfasser

Hans-Joachim Kißling (GND: 118723251)

GND: 119457350

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd119457350.html


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Empfohlene Zitierweise: Hans-Joachim Kißling, Cem Sultan, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 296-297 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=653, abgerufen am: (Abrufdatum)

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