Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Branković, Djordje Graf
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Branković, Djordje Graf

Branković, Djordje (Georg) Graf, Oberhaupt der Serben in Ungarn, Diplomat und Historiker, * Borosjenő (serbisch Jenopolj, rumänisch Ineu) 1645, † Eger (Böhmen) 19.12.1711, vorgebliche Abstammung vom serbischen Despoten Djuradj Branković.

Leben

Von seinem Bruder Sava, Metropolit der Serben, in Jenopolj erzogen, trat B. zunächst in die Dienste des siebenbürgischen Fürsten Michael I. Apafi und begleitete als Dolmetscher im Jahre 1663 den siebenbürgischen Gesandten an den türkischen Hof. In Adrianopel soll er von dem dort weilenden Patriarchen von Ipek (Peć), Maksim Skopljanac, zum künftigen Oberhaupt der Serben bestimmt worden sein. Im Jahre 1668 bereiste B. mit seinem Bruder Rußland, um dort für die Anliegen der serbischen Kirche Unterstützung zu erlangen. In den Jahren 1675-1677 fungierte er als siebenbürgischer Gesandter bei den Türken, wurde nach seiner Rückkehr verdächtigt, an einer Verschwörung gegen Michael Apafi beteiligt gewesen zu sein, aus dem Dienst entlassen und inhaftiert. Nach seiner Freilassung begab er sich in die Walachei, wo ihn der Hospodar Şerban Cantacuzino wohlwollend aufnahm, als dessen Gesandter er 1683 an den Wiener Hof kam.
Kaiser Leopold I., der die unter türkischer Herrschaft lebenden südslawischen Völker als Verbündete im Kampfe gegen die Osmanen ansah, wurde auf B. aufmerksam, als dieser ihm einen serbischen Aufstand in Aussicht stellte. Zugleich wandte sich B. an den Patriarchen von Ipek, Arsenije III. Crnojević, der ihm gegen ein Entgelt die Abkunft vom serbischen Despoten Djuradj (Georg) Branković bestätigte. Nach dem siegreichen Vordringen der kaiserlichen Truppen in Ungarn Mitte der achtziger Jahre schlug B. Kaiser Leopold die Errichtung eines Illyrischen Königreiches vor, das vom Schwarzen Meer bis zur Adria reichen und unter kaiserlichem Schutze stehen sollte. Für seinen persönlichen Einsatz beim Zustandekommen der antiosmanischen Liga wurde B. im Jahre 1683 zum Freiherrn ernannt, 1688 in den Grafenstand erhoben und ihm gleichzeitig die Urkunde über eine legitime Abkunft ausgestellt. Gerade als die kaiserlichen Truppen 1688/89 eine neue Offensive an der ungarischen Front eröffneten, erließ B. von Orschowa aus ein Manifest an die Serben sowie an alle übrigen Balkanvölker, sich unter serbischer Führung am Kampfe gegen die Türken zu beteiligen und kündigte dem Wiener Hof die Aufstellung eines eigenen Heeres an. Diese zunehmende politische Aktivität erweckte jedoch bei Hofe die Befürchtungen, es könnte sich nach dem Muster Siebenbürgens ein eigener serbischer Staat bilden, so daß sich der kaiserliche Feldherr Ludwig von Baden veranlaßt sah, B. in sein Feldlager nach Kladovo zu laden, zu verhaften und nach Wien bringen zu lassen.
Nach den habsburgischen Rückschlägen im Türkenkrieg im Jahre 1690 und dem damit verbundenen Auszug von 36 000 serbischen Familien unter ihrem Patriarchen Arsenije aus Serbien nach Ungarn, ließ die Erfahrung in politischen Angelegenheiten den internierten B. sehr bald zu einer Schlüsselfigur werden, dessen Rat die führenden serbischen Persönlichkeiten mehr und mehr einholten. Schließlich wurde B. im März des Jahres 1691 auf einer Zusammenkunft der Serbenführer in Abwesenheit einstimmig zum serbischen Despoten gewählt. Es gelang aber in der Folgezeit nicht, die Freilassung des Despoten zu erwirken, für die sich sogar der russische Zar Peter I. aussprach. Von 1689-1703 lebte B. in Wien und wurde dann auf die Festung Eger gebracht, um den Kontakt mit seinen serbischen Landsleuten zu unterbinden. Im böhmischen Exil arbeitete B. an seiner in Wien begonnenen und nun auf fünf Bände anwachsenden „Slavisch-Serbischen Chronik“ weiter, die ihm einen bedeutenden Platz in der serbischen Historiographie sichert, wenn auch bis heute keine vollständige Ausgabe dieses Werkes vorliegt. Verarmt und von der Umwelt abgeschirmt starb B. im Jahre 1711; sein Leichnam wurde im Jahre 1743 in das Kloster Krušedol in der Fruška Gora überführt, wo das alte Despotengeschlecht der Brankovići seine letzte Ruhestätte hat.

Literatur

Arnot, D.: Sudba Georgija Brankovića, despota, i naroda srbskog s njim u Avstriju prešavšeg. In: Skoroteča (1843).
Ruvarac, Ilarion: Nešto o kronici despota Djordja Brankovića. In: Letop. Matice srpske 40 (1866) 111, 1-30.
Frind, Anton: Der Banus, Graf und Despot der Serben und Raizen Georg Branković als Bewohner von Eger. In: Programm des k.k. Staats-Obergymnasiums zu Eger in Böhmen (1868) 3-18.
Novaković, Stojan: lz Hronike despota Djordja Brankovića. In: Glasn. Srpsk. uč. Društ. 23 (1872) 135-190.
Ruvarac, Ilarion: Odlomci o grofu Djordju Brankoviću i Arseniju Crnojeviću, patrijarhu. Beograd 1896.
Jovanović, Ljubomir: Djordje Branković, lažni potomak starih srpskih despota. In: Delo 11 (1896) 379-395, 12 (1896) 114-136. Radonić, Jovan: Grof Djordje Branković i njegove vreme. Beograd 1929(2).
Ders.: Djuradj II Branković, „despot Ilirika“. Cetinje 1955.

Verfasser

Manfred Stoy (GND: 1125126671)

GND: 119096846

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd119096846.html


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Empfohlene Zitierweise: Manfred Stoy, Branković, Djordje Graf, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 246-247 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=609, abgerufen am: (Abrufdatum)

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