Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Cherbst, Josif

Cherbst, Josif, bulgarischer Militär und Journalist, * Odrin (Adrianopel) 20.11.1875, † Sofia 1925, Sohn eines aus Bern stammenden jüdischen Eisenbahninspektors.

Leben

Ch. besuchte die Militärakademie in Sofia, gab die Offizierslaufbahn jedoch wieder auf, um sich der Journalistik zuzuwenden. Er begann 1900 bei der Zeitung „Vestnik“ in Ruse, und begab sich dann nach Sofia. Hier arbeitete er sich in kurzer Zeit zum bekanntesten Journalisten des Balkans empor. Er pflegte vor allem die Berichterstattung für das Ausland und war Korrespondent mehrerer ausländischer Blätter. Ch. hatte in Bulgarien zahlreiche Bekannte und praktisch überall Zutritt; da er überdies ein glänzender Stilist war, vereinten sich in ihm alle Voraussetzungen zu einer erfolgreichen Journalistenkarriere. Seine Telegramme über Ereignisse auf dem Balkan wurden vor allem in Berlin und London aufmerksam gelesen und - wegen Ch.s Verbindungen - fast als offizielle Kommuniques eingeschätzt. Die Regierung der „Demokratischen Partei“ holte sich den scharfsinnigen politischen Analytiker als Pressedirektor, und Ch. bekleidete dieses Amt von 1908 bis 1912. In den beiden Balkankriegen und im Ersten Weltkrieg war er teils in der Pressedirektion, teils als Offizier im bulgarischen Hauptquartier tätig, zuletzt als Major. Nach dem Krieg war Ch. geschäftiger Herausgeber mehrerer Zeitschriften und Buchautor. Sein 1921 erschienenes Buch “Včera, dnes i utre“ (Gestern, heute und morgen) fand zahlreiche Leser. In seiner publizistischen Tätigkeit bewegte sich Ch. immer mehr nach links. Von 1923 bis 1924 erschien sein „Vik za svobodni chora" (Ruf für freie Menschen), von 1924 bis 1925 die Zeitschriften „Ekve čeren“ und „ABV“. 1925 kam noch die Zeitschrift „Dnes“ (Heute) hinzu. Ch. hatte sich nach dem Staatsstreich von 1923 immer mehr in Opposition zu der neuen Regierung unter Aleksandur Cankov begeben. Im Zuge des antikommunistischen Terrors nach dem kommunistischen Bombenattentat auf die Sofioter Kathedrale „Sv. Nedelja“ von 1925 kam auch Ch. im gleichen Jahr ums Leben. Georgi Nikolov, der Historiograph der bulgarischen Presse, schrieb 1932 über Ch.: „Meister der Feder und guter Stilist, war er einer der wenigen schriftkundigen bulgarischen Journalisten des ersten und zweiten Jahrzehntes unseres Jahrhunderts. Die politische Neuigkeit und die politische Intrige waren für ihn gleicherweise der Stoff, den er mit Erfolg auswerten und aufblähen oder mit einer Virtuosität darlegen konnte, in der ihn bis heute wenige erreicht haben.“

Literatur

Nikolov, Georgi: Istorija na bülgarskija vsekidneven pečat 1877-1932. Sofija 1932.
Oschlies, Wolf: Bulgariens Juden in Vergangenheit und Gegenwart. Köln 1972. - Ber. Bundesinst. ostwiss. u. internat. Stud. 16.

Verfasser

Wolf Oschlies (GND: 107216760)

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Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd119497131.html


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Empfohlene Zitierweise: Wolf Oschlies, Cherbst, Josif, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 1. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1974, S. 307 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1908, abgerufen am: (Abrufdatum)

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