Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Thököly von Késmárk, Imre Graf
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Thököly von Késmárk, Imre Graf

Thököly von Késmárk, Imre (Emmerich) Graf, Fürst von Oberungarn 1682-1685 und von Siebenbürgen 1690, * Käsmark (Kézsmárk, Komitat Zips) 25.04.1657, † Nikomedia (heute Izmit, Türkei) 13.09.1705, Sohn des István T. und der Mária Gyulaffy.

Leben

Th.s Vater, einer der mächtigsten Magnaten Oberungarns, war in die Wesselényi-Verschwörung verwickelt, weswegen seine Güter konfisziert wurden und 1670 die kaiserliche Armee ihn in seiner Festung Árva bestürmte. Dem 13jährigen Th. gelang es, aus der Festung zu entfliehen und nach Siebenbürgen zu entkommen. Die Flüchtlinge („bujdosók“) aus Ungarn, die in den 1670 er Jahren vor der Schreckensherrschaft der kaiserlichen Soldateska in Scharen nach Siebenbürgen strömten und sich dort militärisch organisierten, wählten ihn 1678 zu ihrem Führer. Th. griff, nachdem er mit der Pforte ein Bündnis geschlossen und Ludwig XIV. von Frankreich ihm seinen Beistand in Aussicht gestellt hatte, mit Unterstützung des Fürsten von Siebenbürgen, Mihály Apafi, 1679 die kaiserlichen Truppen in Ostungarn an. Das Erscheinen seiner Soldaten - der sog. Kuruzzen - löste einen Aufstand in Oberungarn aus, und bald kam der größte Teil des Landes unter seine Herrschaft. Leopold I. sah sich gezwungen, 1681 den ungarischen Reichstag nach Ödenburg einzuberufen, die Verfassung des Landes wiederherzustellen und die Verfolgung der Protestanten einzustellen, um nicht ganz Ungarn zu verlieren. 1682 schloß Th. eine Ehe mit der Witwe Franz I. Rákóczi, Ilona Zrínyi, wodurch die ausgedehnten Rákóczi-Güter zur Basis seiner Macht wurden. Im selben Jahr wurde er von der Pforte als Fürst Oberungarns anerkannt. Das Ziel seiner Politik war die Errichtung eines selbständigen ungarischen Fürstentums, das zwischen der türkischen Pforte und dem Habsburger Hof die Interessen Ungarns bewahren und verteidigen sollte. Deswegen wollte er auch besonders seine Beziehungen zu Frankreich vertiefen, was aber nur zum Teil gelang, so daß er sich auch weiterhin auf die Pforte stützen mußte. Der mißlungene Feldzug der Türken gegen Wien im Jahre 1683 besiegelte auch Th.s Schicksal. Seine autokratische Regierung, die sich auf die Armee stützte, machte den Adel und die Städte schon früher mit ihm unzufrieden, und die Katholiken beklagten sich wegen der Übergriffe der Protestanten. Nachdem gegen die Pforte eine Allianz zustande gekommen war und die Truppen gegen die Türken in Ungarn aufmar- schierten, verließen die Kuruzzen Th.s Fahnen, um sich den Kaiserlichen anzuschließen. Das Fürstentum Oberungarn brach zusammen, und Th. wurde im Frühjahr 1685 von dem Ofener Pascha in Großwardein gefangengenommen, um mit seiner Auslieferung vom Kaiser den Frieden zu erkaufen. Zwar wurde er bald wieder freigelassen, doch konnte er seine frühere Macht nicht wieder zurückgewinnen. Nachdem seine Frau nach dreijähriger Belagerung 1688 die Festung Munkács der kaiserlichen Armee übergeben mußte, zog sich Th. mit seinen wenigen Anhängern auf türkischen Boden zurück.
Nach dem Tode Apafis im Jahre 1690 besiegte Th. bei Zernyest mit türkischen und tatarischen Hilfstruppen die Streitkräfte des Fürstentums, wurde vom Landtag zum Fürsten gewählt, aber schon nach zwei Monaten von den kaiserlichen Truppen aus Siebenbürgen gedrängt. Er kämpfte in der türkischen Armee weiter und nahm als Kommandant der türkischen Reiterei an der Schlacht bei Zenta teil (11.09.1697). Der Friede von Karlo- witz (26.01.1699) beschloß seine Verbannung in die Türkei. Die Pforte bestimmte für ihn Nikomedia auf dem kleinasiatischen Ufer als Wohnsitz. Hier lebte Th. mit seiner Frau, die er aus der kaiserlichen Gefangenschaft ausgelöst hatte, und mit seinen ungefähr 1500 Anhängern, ausgeschlossen vom ungarischen und internationalen politischen Leben. Als sein Stiefsohn Franz II. Rákóczi 1703 den großen Unabhängigkeitskrieg gegen Habsburg begann, war Th. schon kränklich und konnte sich nicht mehr in die Geschehnisse einschalten.
Th. wurde auf dem armenischen Friedhof Nikomedias begraben. 1906 wurden seine irdischen Reste nach Ungarn gebracht und in der evangelischen Kirche zu Käsmark beigesetzt. Seine Tagebücher, Korrespondenz und politischen Schriften wurden von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in 5 Bänden in der Reihe Monumenta Hungáriáé Historica, Scriptores (Bd 13, 18, 23, 24, 34) 1836/96 herausgegeben; sie sind eine wertvolle historische Quelle.

Literatur

Márki, Sándor: Thököly Imre. Budapest 1885.
Angyal, Dávid: Thököly Imre. 2 Bde. Budapest 1888/89.
Szádeczky, Lajos: Thököly erdélyi fejedelemsége. In: Századok 32 (1898) 230-247, 328-339, 420-433, 499-509, 621-631, 695-715.
Orel, Géza: Thököly diplomáciája. Budapest 1906.
Bérenger, Jean: Le royaume de France et les „malcontents“ de Hongrie. Contribution á l’étude des relations entre Louis XIV et Imre Thököly 1678-1689. In: Revue d’Histoire Diplomatique (1973) 3/4, 1-43.
Ders.: A francia politika és a kurucok 1676-1681. In: Századok 110 (1976) 273-293.
Köpeczi, Béla: „Magyarország a kereszténység ellensége“. A Thölöky felkelés az európai közvéleményben. Budapest 1976.

Verfasser

Kálmán Benda (GND: 119265907)

GND: 118757156

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118757156.html


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Empfohlene Zitierweise: Kálmán Benda, Thököly von Késmárk, Imre Graf, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 309-310 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1775, abgerufen am: (Abrufdatum)

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