Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Sarı Saltık Dede

Sarı Saltık Dede (Baba), halblegendäre türkische Derwisch- und Heiligengestalt.

Leben

 S. stammte aus Buchara und war ein Zeitgenosse und Anhänger des Hacı Bektaş. Nach Aufenthalten in anatolischen Städten (Arpa, Çukuru, Sivas, Tokat) soll er 1263 an der Spitze von 10000-12000 Türkmenen in die Dobrudscha eingewandert sein und sich dort niedergelassen haben. Das Zentrum dieser vielleicht unter dem Mongolendruck westwärts gewanderten Türkmenen soll die Stadt Babadag (Babadaği) gewesen sein, wo S. auch begraben liegt. Sein Heiligtum wurde von Sultan Bayezid II. ausgestaltet und u. a. von Sultan Süleyman dem Prächtigen aufgesucht. Geschichtlich ist die Gestalt des S. kaum greifbar, ja, man hat sogar ernsthafte Zweifel an seiner Geschichtlichkeit geäußert. Um so bedeutsamer ist S., vorab in Südosteuropa, als Wundertäter. Es werden von ihm Gräber an den seltsamsten Orten gezeigt bzw. angegeben, so außer in Babadag noch in Babaeskisi, Kaliakra, Buzău, Kruja, Edirne, auf Korfu, in Has bei Djakovica, in Sveti Naum am Ohrid-See sowie in Blagaj bei Mostar. Der Legende nach versiebenfachte S. sich im Tode und ließ seine siebenfache Leiche nach den genannten Orten bringen, sogar nach Danzig (!) soll ein Exemplar des S. verbracht worden sein. Der Legendenkranz um S. zeigt lebhafte Übereinstimmung mit dem ostchristlicher Heiliger und rückt ihn in eine Reihe mit den Heiligen Nikolaos, Spyridon, Simeon, Georg, Elias u.a.; auch antike Heroen-Motive klingen an. Einige der Legenden sind allerdings ausgesprochen tendenziös im Sinne der Verbreitung des Islam und wohl späteren intellektuellen Ursprungs. Zweifellos liegt ein besonders deutlicher Fall von Synkretismus vor, und S. erscheint somit als sog. „utraquistischer“ Heiligerund Wundertäter. Die Heiligtümer sind unterschiedlichen Alters, das einst sehr populäre S.-Grab in Blagaj dürfte kaum vor dem 17. Jh. entstanden sein. Die Bektaşi beanspruchen S. für ihren Heiligenhimmel und teilen ihm in den verschiedenen Legendenwerken eine wesentliche Rolle zu. Außer als Heiliger erscheint S. (z.B. in Kaliakra) als Drachentöter, der eine Prinzessin aus der eifersüchtigen Gewalt eines Untiers befreit; für die Lipka-Tataren war er der Glaubensbote, der sie zum Islam bekehrte. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind die über die Wundertaten und das Leben des S. berichtenden Werke (menâkıbname, vilâyetname usw.) verschollen. Die vielleicht auf ihnen beruhenden Angaben des osmanischen Globetrotters Evliya Çelebi sind zwar wertvoll, aber doch oft mit Vorsicht zu genießen.

Literatur

Sarı Saltık Dede. In: Enzyklopaedie des Islam. Bd 4. Leiden, Leipzig 1934, 184-185.
Babinger, Franz: Sarı Saltık Dede. In: Islam Ansiklopedisi. Bd 10. Istanbul 1971(2), 220-221.

Verfasser

Hans-Joachim Kißling (GND: 118723251)

GND: 130390577

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd130390577.html


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Empfohlene Zitierweise: Hans-Joachim Kißling, Sarı Saltık Dede, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 82-83 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1624, abgerufen am: (Abrufdatum)

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