Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Michael I. Kerullarios
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Michael I. Kerullarios

Michael I. Kerullarios, Patriarch von Konstantinopel 1043-1058, † Madyta 21.01.1059.

Leben

Aus einer vornehmen Konstantinopler Familie stammend, schlug M. zunächst gar nicht die kirchliche Laufbahn ein. Die Aufdeckung einer Verschwörung der byzantinischen Aristokratie gegen den Kaiser Michael IV., an der er zusammen mit seinem Bruder 1040 teilgenommen hatte, brachte ihm aber die Verbannung aus Konstantinopel ein, der kurz darauf sein Eintritt ins Kloster folgte. Auch unter Kaiser Michael V. noch persona non grata, brachte der Regierungsantritt von Konstantin IX. Monomachos die große Wende in seinem Leben: Sein ehemaliger Mitverschwörer holte ihn als persönlichen Berater in die Hauptstadt zurück, und am 25. März 1043 wurde M. als Patriarch inthronisiert. Seine Amtszeit brachte 1054 den entscheidenden Bruch zwischen der römischen und der orthodoxen Kirche: Politische Schwierigkeiten in Unteritalien zwischen Papsttum und Byzanz im Kampf gegen die Normannen schaukelten M. und sein Gegenspieler am Hofe Papst Leos IX., Kardinal Humbert von Silva Candida - beide Männer theologisch nicht sattelfest, aber voll ehrgeizigem Machtstreben - zu einer heftigen kirchlichen Polemik auf (besonders in der Frage des Gebrauchs der Azymen und des Sabbatfastens; der Streit um den Ausgang des Heiligen Geistes, das Verbot der Priesterehe und den Anspruch auf den Primat blieb im Hintergrund), die trotz päpstlicher und kaiserlicher Versöhnungsversuche in der Niederlegung der Bannbulle für M. und seine Gesinnungsfreunde auf dem Altar der Hagia Sophia durch eine Gesandtschaft unter Kardinal Humbert am 16. Juli 1054 gipfelte. Am 24. Juli belegte dann eine von M. einberufene Synode ihrerseits die päpstlichen Legaten mit dem Bann - das „morgenländische“ Schisma hatte begonnen. Alle antilateinischen Angriffe M.s finden sich in seiner „Panoplia gegen die Lateiner“. Innenpolitisch versuchte M. seinen entscheidenden Anteil an der Absetzung Kaiser Michaels VI. und der Inthronisation Isaaks I. Komnenos 1057 zur Stärkung der Kirche im Verhältnis zum Staat auszunützen, ging dabei aber zu weit. Auf Befehl des Kaisers am 8. November 1058 verhaftet und verbannt, weigerte sich M., freiwillig abzudanken. Auf der Fahrt zu der Synode, die seine Absetzung verkünden sollte, starb er in Madyta am 21. Januar 1059.

Literatur

Michel, Anton: Humbert und Kerullarios. Quellen und Studien zum Schisma des XI. Jahrhunderts. 2 Bde. Paderborn 1925/30.
Jugie, Martin: Le schisme de Michel Cerulaire. In: Échos d’Orient 36 (1937) 440-473.
Beck: S. 533-536 (mit Bibliographie).
Nicol, Donald M.: Byzantium and the Papacy in the Eleventh Century. In: Journal of Ecclesiastical History 13 (1962) 1-20.
Ostrogorsky: S. 278-282 (mit Bibliographie).
The Cambridge Médiéval History. IV. The Byzantine Empire. 1. Byzantium and its Neighbours. Hrsg. Joan M. Hussey. Cambridge 1966, 201-207, 460-463 (mit Bibliographie).
Denzler, Georg: Das sog. Morgenländische Schisma im Jahre 1054. In: Münchener Theologische Zeitschrift 17 (1966) 24-46.

Verfasser

Rainer Walther (GND: 119004585)

GND: 100953840

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd100953840.html


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Empfohlene Zitierweise: Rainer Walther, Michael I. Kerullarios, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 3. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1979, S. 182 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1349, abgerufen am: (Abrufdatum)

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