Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Konstantin von Kostenec

Konstantin von Kostenec, „der Philosoph“, serbischer Schriftsteller und Gelehrter bulgarischer Herkunft, * Kostenec 1370/80, † 1440/50.

Leben

 Der aus dem Quellgebiet der Maritza (Marica) stammende K. erhielt seine Ausbildung und Erziehung im Bačkovski Kloster in den Rhodopen, wo eine Schar bulgarischer, serbischer und russischer Gelehrter unter der Leitung des bulgarischen Patriarchen Evtimij an der Emendierung altslawischer Texte arbeitete. K.s unmittelbarer Lehrer war jedoch ein gewisser Andronik, der ihn u. a. Griechisch lehrte. Außer dieser Sprache soll K. jedoch auch die türkische und russische Sprache beherrscht haben. Nach der Einnahme des Patriarchates Tŭrnovo durch die Türken (1393) begab sich K. nach Serbien, wo er entweder ein Jahr später oder erst um 1402 in die Dienste des serbischen Despoten Stefan Lazarević trat, der sich als ein intensiver Förderer von Wissenschaft und Kunst erwies. Mit Unterstützung seines Gönners unternahm K. u. a. Reisen nach Konstantinopel, Jerusalem, zu den Klöstern auf Athos und zum Katharinenkloster auf Sinai. In Serbien, seiner zweiten Heimat, spielte er als Gelehrter eine große Rolle. Er betätigte sich vor allem auf dem Gebiet der Literatur und Schriftpflege, redigierte und verbesserte alte Handschriften, wofür er ein eigenes System ausarbeitete, das neben grammatikalischen auch orthographische Änderungen beinhaltete und insgesamt eine Annäherung des Kirchenslawischen in serbischer Redaktion an das Griechisdie bedeutete. Die entsprechenden Richtlinien sind in zwei Traktaten niedergelegt, die zwischen 1423 und 1426 entstanden sind und den Titel „Skazanie izjavljenno o pismenech’“ (Abhandlung über das Schriftwesen) tragen. Zentrum der Reformen war die Despotenstiftung Resava, wo unter K.s Leitung an ihrer Durchführung gearbeitet wurde. Das System erwies sich einerseits als gelehrt und spitzfindig, andererseits aber als diffizil und schwer verständlich. Wenn es auch im eigenen Lande teilweise heftigen Widerstand gegen die Reformen gab, so wurden die Schriften dieser Schule dennoch gelesen und waren sogar in Bulgarien und Rußland sehr verbreitet. Nach dem Tode des Despoten Stefan verfaßte K. im Jahre 1431 auf Geheiß des serbischen Patriarchen Nikon ein Werk mit dem Titel „Žitije i žizn’ gospodina Stefana“ (Leben und Taten des Despoten Stefan), das zu den wichtigsten Quellenwerken des slawischen Südens gehört. Die Arbeit geht weit über den Rahmen einer bloßen Vita hinaus und enthält Angaben, die weder byzantinischen noch türkischen Historiographen bekannt waren. Stark im Vordergrund stehen sowohl die türkischen Aktionen, über die K. als wichtige Persönlichkeit am serbischen Hofe gut informiert war, als auch die Regierung des Fürsten Lazar Hrebeljanović und dessen Heldentod auf dem Amselfeld (Kosovo polje, 1389). Die Ereignisse nach dem Tode Lazars schildert er dann als Zeitgenosse. In der Genealogie am Beginn des Werkes führt K. die Dynastie der Nemanjiden bis auf Konstantin den Großen zurück. Im Vergleich zu den älteren Viten ist diese Biographie jedoch ein großer Fortschritt, nicht nur wegen des größeren Blickfeldes des Autors, sondern auch auf Grund der richtigen Auffassung einer solchen Arbeit. An Textüberlieferungen stehen eine serbische und zwei russische Fassungen zu Verfügung. K.s Werk scheint in Rußland das wichtigste Nachschlagewerk für alle südslawischen Dinge geworden zu sein; zahlreiche Auszüge finden sich in russischen Chroniken. Grundlegend ist die von Vatroslav Jagić herausgegebene serbische Fassung, die dem Original näher steht. K. schreibt allerdings einen sehr schwerfälligen, schwülstigen und überladenen Stil, durchsetzt mit zahlreichen Gräzismen, und manche zeitgenössische Kopisten konnten seine grammatikalischen Konstruktionen nicht verstehen. Außer K.s Arbeiten aus den Bereichen Geographie, Klima und Tierwelt wird ihm die Übersetzung der biblischen „Bücher der Könige“ zugeschrieben, die in den Jahren 1416-1418 angefertigt worden sein soll. Vor seinem Tode soll K. an der Abfassung einer Vita über den Despoten Jovan Uglješa gearbeitet haben.

Literatur

Daničić, Gj. [Djura]: Knjiga Konstantina filosofa o pravopisu. In: Starine 1 (1869) 1-43.
Jagić, V[atroslav Ignaz]: Konstantin filosof i njegov život Stefana Lazarevića despota srpskog. In: Glasn. Srpsk. uč. Društ. 42 (1875) 223-328.
Stanojević, St[anoje] : Die Biographie Stefan Lazarević’s von Konstantin dem Philosophen als Geschichtsquelle. In: Arch. slav. Philol. 18 (1896) 409-472.
Trifonov, Ju.: Život i dejnost’ na Konstantina Kostenecki. In: Spis. Bŭlg. Akad. Nauk. 66/32 (1943) 223-292.
Lebensbeschreibung des Despoten Stefan Lazarević von Konstantin dem Philosophen. Hrsg. Maximilian Braun. Wiesbaden, ’s Gravenhage 1956.
Schultze, Hans: Untersuchungen zum Aufbau der Skazanie o pismeneh’ von Konstantin von Kostenec. Göttingen 1964.
Popović, Pavle: Žitije despota Stefana Lazarevića Konstantin filosofa. In: Stara Književnost. Srpska književnost u književnoj kritici 1 (1965) 449-459 [Dieser Sammelband enthält noch drei weitere Beiträge zu K.]

Verfasser

Manfred Stoy (GND: 1125126671)

GND: 118884492

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd118884492.html


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Empfohlene Zitierweise: Manfred Stoy, Konstantin von Kostenec, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 465-466 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1172, abgerufen am: (Abrufdatum)

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