Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

Kogălniceanu, Mihail
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Kogălniceanu, Mihail

Kogălniceanu, Mihail, rumänischer Politiker und Historiker, * Jassy 18.09.1817, † Paris 2.07.1891, Sohn des Freibauern Ilie K. und Catinca Stavilă.

Leben

 Nach anfänglicher Schulausbildung bei dem Mönch Gherman Vida trat K. ins französische Privatinstitut von Jassy ein. Er studierte dann in Lunéville und Berlin Geschichte, wo er bereits auch seine ersten Arbeiten veröffentlichte (1834-1838). Er konzentrierte sich dabei auf die wichtigsten Merkmale der rumänischen Geschichte, die römische Abstammung, die Kontinuität des römischen Elements nördlich der Donau, die Geschlossenheit des rumänischen Volkes und dessen Rolle als Verfechter der abendländischen Kultur gegen den Islam. Wichtigste Veröffentlichungen aus dieser Zeit sind die 1837 in Berlin erschienenen Werke „Moldau und Wallachei. Romanische oder wallachische Sprache und Litteratur von einem Moldauer“ (in „Lehmann’s Magazin“) und „Histoire de la Valachie, de la Moldavie et des Valaques transdanubiens“. Nach seiner Rückkehr nach Rumänien 1838 entfaltete K. eine rege kulturelle Tätigkeit. Er gründete die Druckerei „Cantora foaei săteşti“ (Kontor des Dorfblattes); hier sowie in Zeitschriften wie „Dacia literară“ (Literarisches Dazien, 1840), „Arhiva românească“ (Rumänisches Archiv, 1843) und „Propăşirea. Foaie ştiinţifică şi literară“ (Der Fortschritt, ein wissenschaftliches und literarisches Blatt, 1843), veröffentlichte er in den nächsten fünf Jahren 53 Arbeiten, durch die er das Geschichtsinteresse so weit weckte, daß immer mehr Beiträge und Veröffentlichungen über Geschichte, Land, Leben und Bräuche des rumänischen Volkes erschienen. 1846 begann K. mit der Herausgabe der Geschichtschroniken der Moldau (Letopiseţele Ţării Moldovei, 3 Bände, Jassy 1846/52). K. wurde 1843 zum Professor für Rumänische Geschichte an der „Academia Mihăileană“ in Jassy ernannt, mußte jedoch sein Amt bereits nach seiner Antrittsvorlesung niederlegen, da man ihm panrumänische Haltung und übertriebenes Nationalbewußtsein vorwarf. Fürst Mihail Sturdza verhängte über K. 1848 sogar einen Zwangsaufenthalt im Kloster Raşca, damit dieser nicht aktiv an der Revolution teilnehmen konnte. K. nutzte hier die Zeit und verfaßte „Das Begehren der nationalen Partei in der Moldau“ (Dorinţele partidei naţionale din Moldova) für das „Moldauische Revolutionskomitee“, worin er die Belehnung der Bauern, die Vereinigung der Fürstentümer, eine konstitutionelle Monarchie, ein parlamentarisches Regime und die genaue Festlegung der Machtbefugnisse des Staates forderte.
 Im Interesse der Vereinigung der Fürstentümer führte K. eine rege Kampagne in der Zeitschrift „Steaua Dunării“ (Donaustern). Als Abgeordneter im ad hoc Staatsrat der Moldau unterstützte er die Kandidatur des Obersts Alexandru Ioan Cuza und wurde nach dessen Wahl zum Fürsten Ministerpräsident (12.05.1860 - 29.1. 1861). Bei einem späteren Regierungswechsel, bereits im vereinigten Rumänien, versah er auch das Ressort des Innern (23.10. 1863 - 7.02.1865). Während seiner Abgeordnetentätigkeit vom September 1857 und seiner ersten Amtsperiode als Regierungschef hielt K. nicht weniger als 828 Reden im Parlament, die ihn nicht nur als hervorragenden Redner auswiesen, sondern auch das parlamentarische Leben neu belebten. Am 25. Dezember 1863 legte er im Parlament den Gesetzentwurf vor, wonach die klösterlichen Latifundien, die ein Viertel der Gesamtfläche des Landes ausmachten, säkularisiert wurden. Fürst Cuza entließ das Kabinett K. auch dann nicht, als dieses von der konservativen Mehrheit des Parlamentes ein Mißtrauensvotum erhalten hatte. Das von K. eingebrachte Agrargesetz, nach dem 467 840 Bauern 1 766 258 ha Land erhielten, wurde - nach Auflösung des Parlamentes am 14. (2.) Mai 1864 26. August 1864 auf dem Verordnungswege erlassen. Während der Regierungszeit König Karls I. war K. unter verschiedenen Regierungen (Dimitrie Ghica 28.11.1868 - 14.11. 1870, Emanoil Costache Epureanu 2.05. bis 30.12.1870) Innenminister. Dem hohen Ansehen, das er auch im Ausland genoß, verdankte er kurz vor Ausbruch und während des russisch-türkischen Krieges die Ernennung zum Außenminister (9.05. - 5.08.1876 und 15.04.1877 - 7.12.1878). Als solcher proklamierte er vor dem Parlament am 21. Mai 1877 die Unabhängigkeit Rumäniens, dessen Interessen er auch am Berliner Kongreß (1878) wahrnahm. Vom 23. Juli 1879 bis 29. April 1880 war er erneut Innenminister. Seinen Sitz im Parlament behielt er anschließend bis zum Tode. K. hat durch seine öffentliche Tätigkeit entscheidend daran mitgewirkt, daß die Vereinigung der Fürstentümer verwirklicht werden konnte und daß die Einführung demokratischer Reformen die moderne Entwicklung Rumäniens einleiteten. Er gilt als der Begründer der neueren rumänischen Geschichtsschreibung, da die ersten Chronikenveröffentlichungen sowie die ersten Fachblätter, in denen historische Dokumente besprochen werden, ihm zu verdanken sind. am

Literatur

lorga, Nicolae: Mihail Kogălniceanu. Scriitorul, omul politic şi românul. Bucureşti 1920(2).
Iordan, Iorgu: Mihail Kogălniceanu. Bucureşti 1944 (mit Bibliographie).
Ionescu, Virgil: Mihail Kogălniceanu. Contribuţii la cunoaşterea vieţii, activităţii şi concepţiilor sale. Bucureşti 1963 (mit Bibliographie).
Oţetea, A.: Mihail Kogălniceanu istoric şi om de stat. In: Studii 19 (1966) 849-862.

Verfasser

George Ciorănescu (GND: 130641340)

GND: 119283239

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd119283239.html


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Empfohlene Zitierweise: George Ciorănescu, Kogălniceanu, Mihail, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 2. Hgg. Mathias Bernath / Felix von Schroeder. München 1976, S. 426-427 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1145, abgerufen am: (Abrufdatum)

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