Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas

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Zinkeisen, Johann Wilhelm

Zinkeisen, Johann Wilhelm, deutscher Historiker und Publizist, * Altenburg 12.04.1803, † Berlin 5.01.1863.

Leben

Z. studierte in Jena und Göttingen zuerst Theologie, dann Geschichte, promovierte 1826 in Dresden, hielt sich 1829 in München auf und habilitierte sich 1831 in Leipzig als Privatdozent für Geschichte und Staatswissenschaften. In Dresden und vor allem in München hatte er sich mit den Vorarbeiten für eine „Geschichte Griechenlands“ beschäftigt; 1832 erschien in Leipzig der erste Band (von der ältesten Zeit bis zum Feldzug Rogers von Sizilien nach Griechenland 1146), wofür ihm im folgenden Jahr von Herzog Friedrich von Sachsen-Altenburg der Professorentitel verliehen wurde. In dieser Arbeit setzte Z. sich mit Jacob Philipp Fallmerayer (1790-1861) auseinander und lehnte die Theorie von der Austilgung der alten Hellenen und der slawischen Besiedlung der Peloponnes ab, die Fallmerayer in seinem Werk „Geschichte der Halbinsel Morea während des Mittelalters“ (Bd 1, Stuttgart, Tübingen 1830) vorgebracht hatte. 1840 veröffentlichte Z. ebenfalls in Leipzig dann noch Band 3 und 4, im wesentlichen eine Übersetzung von Thomas Gordons „History of the Greek Revolution“ (2 Bände, Edinburgh, London 1832!), doch am Schluß (von der Ankunft Kapodistrias’ in Griechenland Anfang 1828 bis zur Thronbesteigung König Ottos 1835) von ihm selbst fortgeführt.
Band 2 (von der Mitte des 12. Jh.s bis zur griechischen Revolution) ist nicht erschienen. Bereits 1832 waren sein ehemaliger Lehrer Arnold Fiermann Ludwig Heeren (1760-1842) und Friedrich August Ukert (1780-1851), die gemeinsam eine umfängliche Serie „Geschichte der europäischen Staaten“ herausgaben, zusammen mit dem Verleger Friedrich Christoph Perthes (1772-1843) an Z. mit dem Wunsch herangetreten, für die Serie eine Geschichte des Osmanischen Reiches zu schreiben, dem er nachkam. Z. lebte zum Zwecke historischer und publizistischer Studien bis 1840 in Paris. 1834 soll er einen Ruf an die Universität Athen abgelehnt haben, weil ihn die allzu genaue Kenntnis der griechischen Zustände nicht dahin gelockt habe, doch gibt er selbst noch 1840 an, es sei ihm mehrere Male zu einer Reise nach Griechenland die Hoffnung gemacht worden, die leider ebenso oft vereitelt worden sei, und der (nicht erschienene) zweite Band seiner Geschichte Griechenlands solle erst nach einem Besuch des Landes verfaßt werden. Noch während des Aufenthalts in Paris wurde der erste Band der „Geschichte des osmanischen Reiches in Europa“ veröffentlicht (Hamburg 1840). Als Quellen dienten vor allem die reichen Archivbestände und Bibliotheken der französischen Hauptstadt, die byzantinischen Autoren und die venezianischen Relationen; da Z. nicht türkisch konnte, waren ihm von dieser Seite nur die bis dahin angefertigten sehr wenigen Übersetzungen osmanischer Autoren zugängig.
1840 erhielt Z. durch die Vermittlung Leopold von Rankes vom preußischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten den Ruf, die Redaktion der Staatszeitung zu übernehmen, und siedelte nach Berlin über. Er behielt die Redaktion auch, als die Zeitung Mitte 1843 in die Allgemeine Preußische Zeitung umgewandelt worden war, wurde im März 1848 von den Revolutionären verfolgt, legte deshalb seine Tätigkeit nieder und verließ die Stadt. Bald jedoch nach Berlin zurückgerufen, übernahm er Ende Mai 1848 die Direktion des neugegründeten Preußischen Staatsanzeigers, bis dieser Mitte 1851 eingestellt wurde. Z. wurde auf Wartegeld gesetzt, lebte fortan unter mäßigen Verhältnissen als Privatgelehrter in Berlin und wandte sich wieder seinen wissenschaftlichen Arbeiten zu. In rascher Folge erschienen nun in Gotha die nächsten Bände seiner „Geschichte des osmanischen Reiches in Europa“ (Band 5 im Jahre 1857), dazu 1854, angeregt durch seine Beschäftigung mit der osmanischen Geschichte, ebenfalls in Gotha eine Untersuchung „Drei Denkschriften über die orientalische Frage von Papst Leo X., Franz I. von Frankreich und Kaiser Maximilian I. aus dem Jahre 1517“. Er verehrte Joseph von Hammer-Purgstall sehr und verteidigte ihn mehrfach in seiner Arbeit, lernte ihn jedoch persönlich nicht kennen. Mit Band 6 überschritt er die zeitliche Grenze Hammers in dessen „Geschichte des osmanischen Reiches“ (1774), konnte jedoch seine ursprüngliche Absicht, die osmanische Geschichte bis 1856 fortzuführen, nicht verwirklichen. Sein Werk reicht nur bis 1812, wobei der letzte (siebte) Band kurz nach seinem Tode 1863 erschien; als wissenschaftliche Hilfsmittel hatte er sich vor allem des Preußischen Geheimen Staatsarchivs und der königlichen Bibliothek in Berlin bedient.
Während Z.s Geschichte Griechenlands rasch in Vergessenheit geriet, besitzt seine osmanische Geschichte trotz der Einseitigkeit der Quellen noch heute wissenschaftlichen Wert. 1963 erschien in Darmstadt ein Nachdruck des Werkes.

Literatur

Friedlaender, Ernst: Zinkeisen. In: Allgemeine Deutsche Biographie. Bd 45. München 1900 (Nachdruck Berlin 1971).

GND: 10416476X

Weiterführende Information (Deutsche Biographie): https://www.deutsche-biographie.de/pnd10416476X.html


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Empfohlene Zitierweise: Hans-Jürgen Kornrumpf, Zinkeisen, Johann Wilhelm, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Bd. 4. Hgg. Mathias Bernath / Karl Nehring. München 1981, S. 490-492 [Onlineausgabe]; URL: https://www.biolex.ios-regensburg.de/BioLexViewview.php?ID=1894, abgerufen am: (Abrufdatum)

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